4.
Woche
Die Woche der Wahrheit
Die vierte und damit letzte Woche unseres Sprachkurses startete entgegen dem normalen Wochenrhythmus nicht mit demselbigen, sondern wir fuhren in eines der großen Zentren der Kristallverarbeitung hier in der Toskana, Colle di Val d'Elsa. Hier bekamen wir eine Führung durch ein Kristallwerk und lernten gleich zu Beginn den wesentlichen Unterschied zwischen normalem Glas und Kristall, nämlich den Zusatz von mindestens 24% Bleioxid. Doch die Augen wurden noch größer, als es in das Innere des Werkes ging und wir zusehen durften, wie auf traditionelle Art und Weise, also von Hand und mundgeblasen oder auch halbmaschinell, die verschiedensten Produkte gefertigt wurden. An diesem Tag wurden kleine Gläschen, geschwungene Gläser oder auch blätterförmige Vasen hergestellt, doch ein Blick in das Sortiment der Firma zeigte die Mannigfaltigkeit der Möglichkeiten, in welche Formen dieser im heißen Zustand zähe Werkstoff gebracht werden kann. Abgerundet wurde die Führung noch durch einen Besuch in der "Endmontage" und Verpackung, wo den Teilen der letzte Schliff verpasst wurde. Mit einem Gefühl für diesen uns eigentlich unbekannten Werkstoff ging es ein paar Meter weiter zu einer echten Weltberühmtheit, einem der letzten, wenn nicht dem letzten, Kristallgraveur Boreno Cigni. Er ist schon fast 90 Jahre alt und doch geht er noch fast jeden Tag in seine Werkstatt und er graviert auch noch selbst. Für diese Arbeit sind neben dem Können und der künstlerischen Vorstellungskraft ein sehr ruhiges Händchen und gute Augen absolut notwendig, wie sich bei einigen Selbstversuchen unsererseits sehr bald zeigte und so wuchs unser Respekt vor diesem Mann, der in seinem Alter noch mit genauso großer Begeisterung wie früher schönste Muster in die Oberfläche ritzt. Zum Abschluss zeigte er uns noch einige Alben mit seinen besten Stücken (und das waren EINIGE), die teilweise in Museen in der ganzen Welt stehen, oder eines, das er für den Papst persönlich graviert hat! |
Zurück in Volterra warteten am Piazza dei Priori, dem Rathausplatz, schon Paola und Anto auf uns, die für uns ein Art Schnitzeljagd durch die Stadt vorbereitet hatten, bei der wir unsere Italienischkenntnisse unter Beweis stellen mussten, um alle Fragen zu beantworten. Es entwickelte sich ein hektischer Wettkampf und als die Leute sich noch über die rumrennenden Kleingruppen wunderten, war das Spektakel schon wieder vorbei. Mit dem mittlerweile schon zur geliebten Gewohnheit gewordenen allmorgendlichen Gang zur Villa Palagione und damit zu unserem Sprachkurs startete dann der Dienstag. Nach nur 2 Stunden normalem Frontalunterricht gab es eine besondere Begegnung mit Schülern einer Fachklasse für Tourismus aus Prato, die dabei sind, deutsch zu lernen. So gab es erheiternde bilinguale Vorstellungsrunden zwischen wildfremden Italienern und Deutschen ("speeddatingartige" Szenen) und wir erarbeiteten in Kleingruppen lustige Unterschiede von Wörtern, die in den beiden Sprachen fast gleich klingen, aber unterschiedliches bedeuten, z.B. brutto dt. = Betrag vor Abzug der gesetzlichen Beiträge (mögen mir alle Steuerberater und ähnliche vergeben für die schwammige Formulierung =) ) und brutto it. = hässlich. Mittags lauschten wir noch einem Vortrag auf Deutsch über die Stadt Prato, deren Einwohner und berühmter Kaufmann Francesco di Marco Datini die doppelte Buchführung und den Wechsel erfand. Alles in allem, ein sehr i nteressanter und abwechslungsreicher Tag. |
Der Mittwoch- und der Donnerstagmorgen sowie der Donnerstagnachmittag standen ganz im Zeichen der Vorbereitung auf unseren finalen Abschlusstest des Sprachkurses am Freitag. Es wurden nochmal einige Dialoge vorbereitet, Spiele gespielt und Vokabeln gelernt, bis jeder zumindest mit einem halbwegs sicheren "sí" auf die Frage, ob er/sie sich vorbereitet genug fühlt, antworten konnte. Mittwochmittags stand für diese Woche noch ein letzter Besuch von kulturell allerhöchstem Wert auf dem Programm - der Besuch des etruskischen Museums in Volterra. Der Museumsdirektor persönlich führte uns durch die Ausstellung, die Stücke enthielt, die bis auf das Jahr 1000 v.Chr. zurückgehen. Wir lernten, wie die Etrusker schon vor vielen Jahren eine 7km lange Mauer um Volterra bauten und die Stadt mit 20000 Einwohnern zu den damals größten Siedlungen gehörte. Anhand der Entwicklung der Urnen und Gräber erläuterte uns Dr. Burchianti den Werdegang der etruskischen Kultur. |
Das Wochenende war der vergnüglichen Festerei anlässlich des Abschlusses unseres Sprachkurses gewidmet. Das erste Gelage gab es am Freitagabend, an dem uns die Naturfreunde G.I.A.N. zu einem Abendessen einluden. Weiterging es am Samstagmittag mit einer ausgiebigen Grillfeier, die die Villa Palagione für uns ausrichtete, nachdem wir den geschichtlich wichtigen Hausberg der Villa, den Montevoltraio, gemeinsam mit unserer uns unermüdlich mit wichtigen Daten versorgenden Wanderführerin Antonella Stillitano erklommen hatten. |
Den
Abschluss dieser Woche stellte das traditionelle Abschlussessen der
ersten vier Wochen dar, das wir für alle Projektbeteiligten ausrichteten.
Bevor es losging durften die Gäste die Ergebnisse unseres Alabasterkurses
bewundern und fachkundig bewerten. |
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Die
Dankesrede von Benjamin Würtele- natürlich in Italienisch: |